Never change a running system

Technologietransfer für Diagnostika in China

Ein Vial, ein Füllstoff, ein Verschluss – fertig. So einfach ist es nicht immer. Bei der Abfüllung eines diagnostischen Produkts von bioMérieux sind es vielmehr vier sehr unterschiedliche Medien. Optima Pharma ent­wickelte dafür bereits 2016 eine geeignete Linie. Nach dem Prinzip „never change a running system“ entschied sich das Unternehmen 2021 für eine Kopie dieser Anlage für seine chine­sische Produktionsstätte Suzhou. Vorab können die dortigen Betreiber den Prozess anhand einer Labor-Pilotlinie von Optima Pharma kennenlernen, um den Zulassungs­prozess durchzuführen.

Suzhou, durchzogen von vielen Kanälen, gilt als Venedig des Ostens. Die Stadt mit ihren vielen Gärten und Tempeln zieht nicht nur zahlreiche Touristen an. In der boomenden Metropole, ca. 100 km westlich von Shanghai, haben sich zahlreiche internationale Unternehmen wie Apple, Bosch und GlaxoSmithKline niedergelassen. Auch bioMérieux, ein weltweit führendes Unternehmen in der In-vitro-Diagnostik, unterhält dort eine von insgesamt sechs Niederlassungen in China. Dort soll im Rahmen neuer Produktionsstätten eine Vial-Abfülllinie für eines der Bestseller des Herstellers entstehen. In den USA produziert bioMérieux das Diagnostik-Produkt bereits – auf einer komplexen Sonder-Prozesslinie, die vor gut fünf Jahren bei Optima entstanden ist.

Für Sie entscheidend
  • bioMérieux wird künftig ein erfolgreiches Diagnostik-Produkt auch in China produzieren
  • Das Duplizieren einer bewährten Optima Anlage aus den USA erleichtert und beschleunigt das Engineering
  • Dosierung von vier Medien erfordert die Beherrschung unterschiedlichster Dosierverfahren, Synergieeffekte inner­halb von Optima führen zum Erfolg
  • Mit einer halbautomatischen Labor-Pilotlinie macht sich die chinesische Betriebsmannschaft mit der komplexen Technik vertraut
Vial-Abfülllinie für Diagnostik-Medien von bioMérieux

Die Vial-Abfülllinie für Diagnostik-Medien von bioMérieux wurde ca. fünf Jahre vorher bereits für einen US-Standort des Unternehmens konstruiert.

Angesichts der großen Markterfolge des Produkts stand eine Kapazitätserhöhung an – und zugleich die Eroberung des asiatischen Markts. Das Projektteam aus den USA und dem französischen Standort des Mutterkonzerns prüfte zunächst die Optionen aus diversen Linientypen von verschiedenen Herstellern gründlich, bevor es befand: Die Wiederholung der technischen Lösung aus dem vorangegangenen erfolgreichen Projekt sei die beste Option. Zusätzlich entschied man sich für eine halbautomatische Laborlinie, die den Prozess exakt abbilden sollte. Alain Gourmelon, Senior Vice President Global Manufacturing Support & Industrialization bei bioMérieux, erläutert die Zielsetzung: „Damit wollen wir bereits im Vorfeld das entsprechende Know-how an unserem chinesischen Standort aufbauen. Die Mitarbeiter dort können sich bereits mit der benötigten Technik vertraut machen. Dies wird das reibungslose Hochfahren der Produktionslinie gewährleisten.“ Zudem unterstützt man mit der Pilotlinie vorab das Zulassungsverfahren des Produkts für China, um bei Auslieferung der Produktionslinie direkt in Produktion gehen zu können.

Um den Prozess zu verstehen, lohnt sich ein Blick in die USA. Dort steht bereits der große Bruder der künftigen chinesischen Linie – mit doppelter Kapazität. Die diversen Dosier- und Füllmodule sowie die Verschließmaschine sind in den USA zweifach ausgeführt. Die beiden Linien dort kreuzen sich an einem Ofen, in dem die teilweise befüllten Vials erhitzt werden. Für Suzhou wird all dies nur einmal benötigt.

HMI einer Labor-Pilotanlage
Neben der vollautomatisierten Produktionsanlage lieferte Optima Pharma eine Labor-Pilotanlage, mit der das chinesische Personal den Prozess kennenlernen und trainieren kann.
Claudio Schneider
Claudio Schneider, Project Engineering Manager bei Optima Pharma

Die Linie beinhaltet mehrere Füllstationen für sehr unterschiedliche Medien, die nicht einfach zu handeln sind.

Claudio Schneider, Project Engineering Manager bei Optima Pharma
Weltweiter Erfahrungsaustausch ist Teil der bioMérieux-DNA

Nahezu 100-prozentiger Technologietransfer – dabei ist bioMérieux äußerst konsequent. „Der weltweite Austausch von Erfahrungen und Praktiken ist Teil der DNA von bioMérieux, um gemeinsam zu lernen und zu wachsen. Wir ziehen es daher vor, auf die etablierte Technik unserer bewährten Lösung zu setzen“, sagt Will Darrigran, Vice President Engineering Americas. Dies vereinfacht den Support, den das mit der Linie vertraute US-Team künftig für die chinesische Mannschaft leisten kann.

Claudio Schneider und Mark Seitz, die Project Engineering Manager, die Anfang 2019 mit der Projektierung der neuen Linie betraut wurden, konnten also auf bestehende Technologien aufbauen. „Die Linie beinhaltet mehrere Füllstationen für sehr unterschiedliche Medien, die nicht einfach zu handeln sind. Dies ist auf die große Komplexität des Produkts von bioMérieux zurückzuführen“, erläutert Schneider. Verschiedene Abfülltechniken für sehr unterschiedliche Medien und Volumen sind zu kombinieren. Zudem differieren auch die Anforderungen an die Füllgenauig­keit stark.

Gruppe in Besprechung an Flipchart

Das Projekt für bioMérieux zeigt: Technologietransfer zahlt sich aus, und zwar für beide Seiten.

2 Personen an einer Maschine.

Der Technologietransfer vereinfacht den Support, den das mit der Linie vertraute US-Team künftig für die chinesische Mannschaft leisten kann.

Die Linie beinhaltet drei Dosiermodule. Nach der Tara-Bestimmung erreichen die Vials die erste Station, in der ihre Innenwände über eine Mikrodosiervorrichtung mit dem ersten Medium besprüht werden. Ohne weitere Zwischenverwiegung führt die nächste Station eine weitere Flüssigkeit zu. Nach einer Kontrollwä­gung laufen die Flaschen durch einen Tunnelofen, in welchem die zugeführten Komponenten eingetrocknet werden. Danach folgt die zweite Füllmaschine, in der – nach einer weiteren Kontrollwägung – ein Harz-ähnliches Medium eingebracht wird. Diesen Schritt, der mithilfe eines Schneckendosierers gemeistert wird, bezeichnet Schneider als besonders diffizil: „Die Dosierung dieser Komponente ist in starkem Maße abhängig von seiner Feuchte. Die Erfahrungswerte, die bei der Auslegung der US-Linie gemacht wurden, sind dabei sehr hilfreich.“ Nachdem die korrekte Dosierung an der nächsten In-Prozesskontroll-Wägezelle abgesichert wurde, werden jeweils zwölf der Vials gleichzeitig mit einem weiteren, flüssigen Medium befüllt. Zum Abschluss werden sie mit einem Stopfen verschlossen und mit einer Kappe versehen, die schließlich verbördelt wird.

Füllmaschine zur Dosierung
Durch die Kombination verschiedener Verfahren meistert die Linie die Dosierung von vier Medien mit sehr unterschiedlichen Eigenschaften – von der Sprühdosierung einer Flüssigkeit bis zur Zugabe des harzähnlichen Reagens.
Komplexe Technik in der Labor-Pilotlinie

Auch in der Labor-Pilotlinie werden diese Techniken genutzt, wobei diverse Arbeitsschritte jedoch per Hand vollzogen werden. Sie wurde bereits ausgeliefert und ist einige Monate vor der Produktionsanlage zum Einsatz bereit. Mehrere tausend Vials werden bis zum Anlauf der Hauptanlage wohl produziert werden, was unter anderem das Training des Teams und den Know-how-Aufbau vor Ort unterstützt.

Die technische Basis für die Dosierung der Schlüsselkomponenten bildet jeweils die Füllmaschine OPTIMA VFVM, bei der ein Rechen für den reibungslosen Transport der Flaschen sorgt. Insgesamt sichern fünf In-Prozess-Kontrollpunkte die Qualität, indem sie die korrekte Befüllung mit den Einzelkomponenten des diagnostischen Produkts überprüfen. Das Ende der Linie bildet die Verschließmaschine OPTIMA VVM2428, die die Objekte ebenfalls schonend transportiert.

Die Linie wurde erfolgreich nach China geliefert. Hersteller und Anwender konnten sich auch für den Aufbau und Anlauf an den erprobten Prozessen der Vorgänger-Anlage orientieren. Technologietransfer zahlt sich demnach aus. „Wir konnten ein weiteres Mal von Optimas Erfah­rung und der Zuverlässigkeit seiner Technik profitie­ren“, so Foster Zhang, Senior Director of Manufacturing bei bioMérieux, China.

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