Eine Maschine, die übergreifend mehrere Robotik-Typen und -Technologien miteinander kombiniert. Eine Maschine, die Daten zur Prozesskontrolle, -optimierung und vorausschauenden Wartung einsetzt. Und: die hochflexibel für heute noch unbekannte Arzneimittel einsetzbar sein wird.
Die Arzneimittel sind bei diesem Projekt nicht mehr einzeln spezifiziert, doch die Anlage muss sie alle beherrschen. Flüssig bis viskos, aktive und hochaktive Wirkstoffe, potenziell oxidationsempfindlich oder aggressiv und zukünftig möglicherweise auch Lyophilisate. Gleichzeitig sind diese Arzneimittel sehr teuer und hochwertig. „Yield“-Funktionen wie das Re-Filling und Re-Dosing mussten daher genauso gegeben sein wie hochflexible Prozesse. Zum Produktionsbeginn sind drei Behältnistypen in insgesamt zehn Formaten fest geplant: Fertigspritzen, Vials und Cartridges – sie alle sollen nahezu ohne Formatwechselarbeiten an den Greifern und Transportsystemen gefahren werden. Die Lösung ist Robotik: Systeme von drei Herstellern, darunter Optima, wurden dafür in der Anlage installiert. Die Hersteller lieferten die Hardware, noch ohne jede kinematische Information. Alle Robotikfunktionen wurden ausschließlich inhouse bei Optima programmiert und automatisiert, also unter einer gemeinsamen Steuerung vereint. Erstmals wird hier auch das Acopostrak-System als Ovaltransporteur eingesetzt. In Kombination mit einem sechsarmigen Roboter hat Optima eine Lösung entwickelt, die potenzielle Leerstellen in Tubs, die durch Schlechtausschübe entstehen können, automatisch ausgleicht. Damit ist final jedes Tub mit der maximalen Anzahl an 100 %- geprüften Fertigspritzen befüllt. Der gleiche sechsarmige Robotertyp befindet sich zudem am Anfang der Prozesskette jeweils für das Abziehen der Tyvek-Folie sowie für das Denesten.
Dank zentraler Programmierung sind die verschiedenen Robotersysteme auf einer, auf der obersten Ebene in der Steuerungsarchitektur, angeordnet. Dadurch, dass es sich nicht um Sub-Systeme handelt, ist die Einbindung der Robotik komplett transparent. Schnittstellenfragen und das häufig anzutreffende Prinzip „Schublade-in-Schublade-in-Schublade…“ entfallen. Die Einbindung in die Steuerungsarchitektur und eine Koordination für die Virtualisierung der Rechnerleistung wäre hier mit Dritt-Herstellern kaum noch darstellbar. Als Beispiel sei nur das Abfangen eines Verarbeitungsfehlers genannt, das wie eine Verästelung in zig Anlagenteile vorüberlegt und programmiert sein muss. Ein System mit Sub-Systemen käme hier schlicht an Grenzen. Ein weiterer Vorteil der zentralen Programmierung: Es zeichnet sich heute schon ab, dass Multiprodukt-Anlagen häufiger an neue Erfordernisse angepasst werden. Wenn das pharmazeutische Unternehmen über nur einen Ansprechpartner im Bereich Programmierung verfügt, der alle Anlagenbereiche verantwortet, ist die neue Funktionalität aller Wahrscheinlichkeit nach ebenso effizient wie die zuvor vorhandene. Neue Zertifizierungen für veränderte Prozesse sind von zentraler Stelle ebenfalls einfacher zu realisieren als dies dezentral möglich wäre.
Stichwort Process Analytical Technologies (PAT): Umfassendere Prozesskontrollen als bisher, jedoch insbesondere das Erkennen und Auswerten von Schwankungen und Tendenzen in der Anlage, führen zu höchster Effizienz. Sogar die Vorschau auf verschleißende Komponenten kann künftig ungeplante Anlagenausfälle verhindern. Auch bislang Einzigartiges wie beispielsweise eine Dichtflächenkontrolle an der Objektmündung ergänzen die Funktionalität. Über Sensoren werden zudem kontinuierlich Daten für den pneumatischen Druck, die Temperaturen oder die Stromaufnahmen erfasst und ausgewertet. Trending- und Algorithmusfunktionen zeigen an, ob beispielsweise Abweichungen in den Wandstärken von Bördelkappen vorhanden sind oder ein Motor zu verschleißen beginnt. Dass diese Anlage das Maximum an Flexibilität bietet, liegt auch an Funktionen außerhalb der Robotik. Hier ist zunächst das Kombifüllmodul zu nennen. In der Anlage sind dauerhaft zwei Peristaltikpumpensysteme (für große und kleine Volumina) und ein Rotationskolbensystem in Keramikausführung für aggressive Medien installiert. Speziell für Cartridges kommt noch ein mit Füllstandsensor kombiniertes System zum Einsatz. Für Formatumstellungen reichen vereinzelte Handgriffe - überwiegend außerhalb des Transportsystems – und die Anlage ist nach einem Dekontaminationszyklus für neue Aufgaben bereit.
Mit speziellen An- und Leerfahrmodi, mit Redosing-onRequest, Re-capping und Re-stoppering ist das pharmazeutische Unternehmen in der Lage, auch den letzten Tropfen eines Arzneimittels zu verwerten. Die Anlage ist zudem auf die Verarbeitung hochaktiver Wirkstoffe ausgelegt. Unter anderem ein spezifisches Druckzonenkonzept, die Washdown-Ausführung und eine Außenwaschmaschine für Vials und Karpulen sind verantwortlich dafür. Robotik – ein Zauberwort für vermeintlich einfache, flexible Lösungen. Genauer ist es Robotik, die hier mittels systemübergreifender Programmierung, Digitalisierung und PAT zu einem hocheffizienten Gesamtsystem zusammengefügt wurde. Ein willkommener Effekt ist zudem das „Ausbrechen“ aus der rein linearen Funktionsanordnung. Im Maschinenlayout ergeben sich damit ganz neue Möglichkeiten zur optimalen Raumnutzung. Im Juli 2020 wird die Anlage an den Kunden ausgeliefert.